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1. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 111

1901 - Glogau : Flemming
— Iii — schweren Nachteil für die Entwickelung des Landes bedingt die Un- Bildung der großen Massen, die fast zum Erschrecken große Zahl der Analphabeten. So gewiß „Bildung Macht ist", so armselig ist der Staat daran, dessen Bevölkerung nur körperlich mitzählen kann. Was hat in den Perserkriegen den Athenern schließlich den Sieg verliehen? Die Zahlenverhältnisse waren ja ungünstig genug, Herodot wenig- stens rechnet bei Marathon aus 10 Perser 1 Athener. Aber es waren bei den Orientalen zusammengetriebene Massen, bei den Griechen selbständige, gebildete und sreiheitsliebende Männer, bei denen Ehrgefühl und innerer Wert ganz anders mitsprachen. Man rechnet in Rußland, daß nur der achte Teil der schulpflichtigen Ju- gend Unterricht genießt und daß auch bei den bevorzugteren Klassen sich jener Halbsirnis der Bildung eingestellt hat, unter dem sich an- geborene Roheit versteckt. Darauf zielte jenes Wort Napoleons, das wir oben erwähnten. Und damit hängt auch die erschreckliche Unehr- lichkeit und Korruption des Beamtentums zusammen, ein Krebs- schaden, dessen Heilung je länger desto mehr fast eine Undenkbarkeit zu sein scheint. — Und sehen wir denn nicht, wie in dem ungeheuren Reiche der Wurm im Innern nagt? — wie durch die nihilistischen Ver- brechen alles Vertrauen erschüttert wird? Die Lebensbeschreibung des Fürsten Krapotkin, die unlängst erschienen ist, weist auf entsetz- liche Zustände. Ein Fürst steht an der Spitze der anarchistischen Partei; das giebt doch wohl genug zu denken. Schließlich bleibt Rußland als vornehmste und unbestrittenste Aufgabe die Ausbreitung in Asien, und da hat, wie wir das schon im ersten Teile nachwiesen, es Rußland auch erreicht, daß es zu- sammen mit seinem europäischen Besitz den sechsten Teil der Land- masse der Erde umfaßt. Man rechnet, dem Zaren ist die Hälfte von Europa und ein Drittel von Asien unterthan. Und hier in Asien stehen Rußland noch die rühmlichsten Kulturausgaben bevor. Möchte es immer dessen eingedenk sein, was einst ein Russe gesagt hat: Wir wollen Asien als unser eigenes Kind erziehen, es gleich der Mutter an unseren eigenen Brüsten säugen!

2. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 66

1901 - Glogau : Flemming
— 66 — burger; da es aber nicht Kurfürstentum geworden war, so suchte Herzog Rudolf nach einem neuen Titel und nannte sich 1365 Erzherzog. Nachdem im 14. Jahrhundert die Kaiserwürde an andere mächtige Fürstenfamilien in Deutschland gekommen war, kehrte sie im 15. wieder zu dem österreichischen Geschlechte zurück, und die Habsburger haben dann dem deutschen Kaiserthrone 20 Regenten geschenkt. Ein An- denken an diese lange Kaiserzeit muß auch heute noch darin gefunden werden, daß der Regent Öfterreichs unter seinen Titeln die Bezeich- nung aufführen darf, König von Jerusalem zu sein. Bald wurde nun auch dem habsburgischen Haufe der Spruch in den Mund ge- legt, der durch die 5 Vokale des Alphabets angegeben wird und der z. B. auf der Kirchenthür des Grazer Domes zu lesen ist. Die Aus- legung ist nicht unbestritten, als bekannteste und überzeugendste muß doch aber die gelten, daß die Buchstaben bedeuten sollen: Alles Erd- reich ist Osterreich unterthan, oder Austriae est imperare orbi universo. Und so hat sich dieses stolze Staatswesen entwickelt hier im Südosten Europas, das auch heute noch den Anspruch machen kann, das zweit- größte in unserem Erdteile zu sein.1 Der österreichische Kaiserstaat hat aber noch einen anderen Vorzug, der als recht charakteristisch zu betrachten ist. Es ist nämlich der einzige Staat in Europa, der in seinen Grenzen die drei wichtigsten Bevölkerungselemente Europas vereinigt, nämlich die Deutschen, die Romanen 2 und die Slaven. Das österreichische Land hat seit altersher zwei Kulturaufgaben zu erfüllen gehabt. In frühen Jahrhunderten war es gegenüber dem von Osten her andringenden Heidentum der Hort des christlichen Glaubens, und schon zur Zeit der Völkerwanderung lebte hier am Kahlenbergs der heilige Severin, dessen Begegnung mit Odovakar sozusagen ihre symbolische Bedeutung hat. Der hochgewachsene Ger- manenfürst, der sich bücken mußte, um in die Thür der Hütte, in der der Heilige wohnte, einzutreten, erbat sich von Severin seinen Segen. Und der Mönch segnete den Deutschen und prophezeite ihm und seinem Volke eine große Zukunft. Bezog sich auch Severins Weis- sagung mehr auf die Schicksale, die Odovakar in Italien haben sollte, so kann man doch sagen, ist der Segen des Heiligen dem Deutsch- tum überhaupt hier im österreichischen Lande zu gute gekommen. Gegen Avaren, Magharen und Türken hat diese tapfere Ostmark die Fahne des Christentums hochgehalten und wie ein treuer Eckart Deutschland vor der Überflutung durch diese Völker bewahrt. _— In v neuerer Zeit hat Österreich allerdings nicht mehr das Christentum gegen heidnische Gefahren zu verteidigen;,, aber das Christentum selbst hat sich in Konfessionen gespalten, und Osterreich darf als ein Boll- 1 Nur Rußland ist an Flächenraum, größer. 2 Italiener und Rumänen sind in Österreich vertreten.

3. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 69

1901 - Glogau : Flemming
— 69 — gilt; ebenso sind die Jndustriebezirke vorzugsweise von den Deutschen bewohnt. Das erweckt den Neid der Tschechen, und in unseren Tagen wogt da ein heißer Streit. — Wenn man alle diese verschiedenen Nationalitäten ins Auge faßt, so fragt man wohl erstaunt, was hält denn diese. Völkergruppen eigentlich noch zusammen? Die Antwort ist: Die gemeinsame Dynastie und — die deutsche Heeressprache. Das ist der letzte, aber ein recht fester Kitt, und wenn die Tschechen beim Namensaufruf mit ihrem Zde! statt: Hier! antworten, so kommen sie übel an. — Die österreichischen Slaven sind uns ziemlich fremd; aber wir müssen beachten, daß Ortsnamen in Kram identisch sind mit pommerschen, wie z. B. Triglaw; es erinnert ja auch die Bezeichnung für den Peloponnes Morea an Pommern (= po more am Meere; Morea heißt Meerland). Endlich mögen wir in Norddeutschland noch bedenken, daß die herumziehenden Drahtbinder und Mausefallenhändler ungarische Slovaken sind, die sich in ihrer walachifchen Schafhirten- tracht recht malerisch ausnehmen. An ihnen können wir den süd- slavischen Typus studieren. Was die örtliche Lage des österreichisch-ungarischen Staates be- trifft, so ist zunächst eines zu bemerken. Ein jedes Volk sucht mög- lichst zum Meere zu dringen, denn von ihm strömen Waren und Reichtümer in das Land. Für Österreich ist als Axe alles Aus- tausches und Handelsverkehrs die Donaustraße gegeben, und gerade da, wo diese Straße sich am meisten dem Meere nähert, sind alle Vorbedingungen für die Entwickelung eines großen Gemeinwesens erfüllt. Ein Blick auf die Karte genügt, um zu erkennen, daß alle diese besonderen und günstigen Umstände bei Wien zutreffen. Und wenn man fagen will, der Handelsverkehr in Österreich hat mehr eine nordsüdliche als eine ostwestliche Richtung, so erscheint um so mehr Wien als selten bevorzugt. In der That, die Kaiserstadt ist „der Spinne im Kreuz" zu vergleichen; wir haben an dieser Stelle den „Tummelplatz des Orients und Occidents", und von Ost und West, von Nord und Süd laufen alle Verkehrs- und Handelsstraßen auf dieses Centrum. Der Meereshafen von Wien tft, Triest, die citta fidissima, das südliche Hamburg. Und dieselben Überlegungen erklären uns auch das Emporkommen der Konkurrentin von Triest, des zur ungarischen Reichshälfte gehörigen Fiume (ad flumen). Wenn die polnisch-ungarischen Völker den Weg zum Meere suchten, so traf etwa von Lemberg aus ihre Straße den Golf von Quarnero, eben da, wo Fiume liegt und wo auch heute der große Schienen- sträng der Bahn, die von Lemberg zum Meere sührt, mündet. Und an dem Schnittpunkte dieser uralten Handelsstraße mit der Donau liegt — Budapest, die Hauptstadt der ungarischen Monarchie. Durch unsere bisherigen Ausführungen erhellt die hohe Bedeutung der iftri- schen Halbinsel für die österreichisch-ungarische Monarchie. Wie eine

4. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 20

1901 - Glogau : Flemming
- 20 — Wasser und zu >Lande auf das erfreulichste vertieft und bereichert worden, und was verdankt nicht z. B. die Heilkunde den Engländern? Jenner ist der Erfinder der Schutzpockeuimpsung, und Lister machte die epochemachende Entdeckung der antiseptischen Wundbehandlung. — In Bezug aus die technischen Fortschritte sind die Engländer geradezu die Begründer der modernen Maschinenindustrie. James Watt als Erfinder einer derart vervollkommneten Dampfmaschine, wie sie bis aus den heutigen Tag angewandt wird, kann als der schöpferische Titan des ganzen gegenwärtigen industriellen Zeitalters angesehen werden, wo allein in England gegen (30000 Dampfmaschinen mit gegen 4 Millionen Pferdekräften arbeiten. Fulton führte den modernen Dampfbetrieb der Schiffsbewegung ein, und auf Stephenson ist die Anlage der ersten Eisenbahnen zurückzuführen. Das mag genügen. Es wäre ein müßiger Streit, entscheiden zu wollen, welchem von den beiden Völkern, dem englischen oder dem deutschen, die Palme der größeren Verdienstlichkeit aus geistigem Ge- biete zuzuerkennen sei. Es ist wesentlich auch heute noch so wie bei der Vision in dem oben erwähnten Klopstockschen Gedichte, wo er die beiden Musen gleichmäßig im Siegesläufe an sich vorbeistürmen sieht, dann aber in dem Staubgewölk nicht mehr entscheiden kann, welche zuerst an das Ziel des Lauses gelangt ist. Freuen wir Deutsche uns, daß wir gegen einen so tüchtigen Rivalen ankämpfen müssen; um so ehrenvoller ist der Wettstreit. Wenn wir manche nationalen Eigentümlichkeiten der Gegner nicht recht sympathisch finden, so mögen wir an das Lessingsche Wort denken, daß „der Knorr den Knubben hübsch vertragen muß". Und will uns mitunter der Unmut über manche Anmaßung und Kränkung gar zu sehr über- mannen, so denken wir schnell an das Jahr 1814, wo die Engländer unseren Blücher aus den Schultern herumtrugen und aus Leibes- kräften Blücher for ever fchrieen, oder an die neueste Thatsache, wo einer der edelsten deutschen Söhne, Max Müller, in Oxford lebte, sich behaglich sühlte und an der Verbrüderung der beiden ihm nahe- stehenden Nationen unablässig arbeitete.

5. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 107

1901 - Glogau : Flemming
— 107 — Der russische Adel, sagt Peschel, ist von dem westeuropäischen Stande dieses Namens gänzlich verschieden; denn er wird durch den Besitz eines Staatsamtes oder durch den militärischen Dienst er- worden.^ Es giebt ja noch Nachkommen der altrussischen Bojaren, aber diese sind gegenüber dem „Beamtenadel", dem Tschin, völlig in den Hintergrund getreten. Die Adligen ordnen sich nach 14 Rang- klassen, von denen die 8 ersten den erblichen Adel, die übrigen 6 nur den persönlichen Adel genießen. Peschel berechnet etwa 1 Million Adlige in 250000 Familien. Ebenso wird die städtische Bevölkerung in 6 Abteilungen gruppiert, worunter die Gildenbürger, meist Kauf- leute, die beachtenswertesten sind. Obgleich die Kaiser mit großer Energie versucht haben, den Bürgerstand zu heben, läuft der Ehr- geiz der Gildenbürger doch meist darauf hinaus, ihre Söhne und Töchter in den Tschin hineinzubringen. Wenn man sich etwa 3 Jahrhunderte zurückversetzt, so schien es damals ganz unglaubwürdig, daß Rußland in Zukunft eine ent- scheidende Stimme im europäischen Völkerrate sichren würde. Man rechnete die Moskowiter ohne weiteres zu den Asiaten, und als Hein- rich Iv. von Frankreich seinen abenteuerlichen Plan saßte, ganz Europa zu einer „christlich-europäischen Republik" umzuwandeln, in der 15 gleich mächtige Staaten, 6 Erbreiche, 5 Wahlreiche und 4 Republiken sich gegenseitig das Gleichgewicht halten sollten, hatte er die Moskowiter in dieser seiner Ausstellung ganz unberücksichtigt gelassen. Wohl aber sand statt ihrer das polnische Reich die größte Beachtung, bis es allmählich sich mehr und mehr ergab, daß Polen nur „die unglückliche Schwester von Frankreich" wäre. Wir müssen aber heute noch einmal den Gründen nachspüren, die den Niedergang Polens und umgekehrt das Emporkommen Rußlands begünstigten. Das Polentum dars bei dem Westeuropäer am ehesten auf Verständ- nis und Teilnahme rechnen. Die Sprache erscheint ja auf den ersten Blick wegen der Häufung der Konsonanten als befremdlich und un- erlernbar; vor einem Satze wie krschonschtsch brschmje w' trschtseliince (der Käfer summt im Rohr) erlahmen alle Versuche der nachahmenden Sprachkunst; aber die Schwierigkeiten sind doch nur scheinbar. Die „mannigsache Erweichung der Konsonanten und eine reiche Modulation eines und desselben Selbstlauters schaffen für das Ohr angenehm klingende, weich tönende Laute". Die polnische Sprache hat daher eine reiche und uns sympathische Litteratur er- zeugt, und auch auf dem Gebiete der Musi! soll nicht unerwähnt bleiben, daß der klassische Chopin ein echter Pole gewesen ist. Wenn wir die polnischen Poesieen mit den russischen vergleichen, so ist auch das zu beachten, daß die polnische Schrift mit ihren lateinischen ' Die Beninten sind die einflußreichen Tschinowniks.

6. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 108

1901 - Glogau : Flemming
— 108 — Oettern von vornherein uns wie ein alter Bekannter entgegentritt, während das cyrillische Alphabet der russischen erst noch ein eigenes Studium der Schristzeichen erfordert. So war eigentlich alles vor- bereitet, daß die polnische Nationalität die Führung in dem östlichen Europa übernehmen, daß der „orthodoxe" polnische König — denn diesen Titel hatte er vom Papste erhalten — von seinem Zamec krolewski (königlichen Schlosse) aus dem ganzen Slaventum ge- bieten würde. Und doch ist es anders gekommen. Die Polen bei aller ihrer Feurigkeit und ihren edlen Eigenschaften besitzen durchaus kein politisches Geschick und keine staatenbildende Krast. Ihre Streit- sucht und ihr Eigensinn in politischer Beziehung sind berüchtigt, und mit Recht sagt das' Sprichwort: wo 3 Polen zusammen sind, hat man 5 Meinungen. Das Elend aus den Reichstagen, wo das nie pozavolam irgend eines Slachzitzen die wohlmeinendsten Beschlüsse verhindern konnte, ist bekannt genug in der Geschichte; soll doch von den 30 Reichstagen, die unter den beiden Königen aus dem Hause Sachsen abgehalten wurden, nur einer nicht durch das liberum veto der Edelleute gesprengt sein. Zudem besaß die Nation gar keinen Bürgerstand, und alle geschäftliche Thätigkeit war in den Händen der Juden, die ^/g der Bevölkerung ausmachten; — kurzum das Ge- schick Polens erfüllte sich, und die 3 Teilungen machten der Selb- ständigkeit des einst so blühenden und mächtigen Reiches ein Ende, das finis Poloniae war wirklich eingetreten. Der größte Teil des polnischen Königreiches kam unter russische Herrschaft, und wenn schon die andern teilenden Mächte, so auch Preußen, genug Verdrießlichkeiten mit diesen polnischen Erlverbungen haben, so ist Rußland vorzugsweise bedacht mit schwerster Beunruhi- gung, die dem Staate aus diesem polnischen Besitz erwächst. Polen hat um seiner sortgesetzten Revolutionen willen nach und nach alle seine Sonderrechte und Bevorzugungen eingebüßt, und seit dem Jahre 1863 wird die unglückliche Landschaft mit aller Härte gewalt- sam russifiziert. Polen erweist sich darum für Rußland recht als „eiu Pfahl im Fleische". Und doch ist es ein reiches, fruchtbares Land. Es erzeugt schönes Getreide, Lodz nennt man das „polnische Alan- ehester", und Warschau mit seinen 640000 Einwohnern ist die dritte Stadt des russischen Reiches. Die Abneigung der Polen gegen die Russen mag auch noch dadurch befördert werden, daß die religiösen Bekenntnisse verschieden sind; die Russen sind griechisch-katholisch, die Polen römisch-katholisch. Wir müssen nachholen, was denn die Russen besonders besähigt hat, die Führerrolle zu übernehmen. Ganz im Unterschiede von den Polen hat der Russe Gefühl für Disciplin und Unterordnung. Pufen- dorf wollte allerdings die Anwendung der Knute damit verteidigen, daß die Russen „knechtischen Gemüts" sind, und die lange Leibeigen-

7. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 1

1901 - Glogau : Flemming
England. >7jvtrcf) die neuesten Verfügungen des preußischen Kultusministeriums ist der Wert der englischen Sprache auch für die heutige Gymnasial- laufbahn energisch betont worden, und England mit seinem sprachlichen Einfluß wird der heranwachsenden gebildeten Welt als einer der Grund- steine der heutigen Lebensinteressen bezeichnet. Es ist daher wohl am Platze, uns sozusagen aus der Schulatmosphäre heraus eingehender mit Land und Leuten Großbritanniens zu beschäftigen und die charakteristischen Eigentümlichkeiten dieses Länder- und Völkertypus hervorzuheben. Das Jnselgebiet Großbritanniens umfaßt etwa 5000 Inseln und Jnselchen, erstreckt sich durch zehn Breitengrade, und zwischen der Ost- und Westspitze des Gebiets kann bereits ein Zeitunterschied von über 49 Minuten beobachtet werden. Wir müssen in der ge- schichtlichen Entwickelung des Landes drei Perioden auseinanderhalten, die Zeit des Mittelalters, wo die englische Inselwelt am Rande der damaligen terra cognita oder bewohnten Welt lag, — zweitens die seit den großen geographischen Entdeckungen gesteigerte Bedeutung des Seeverkehrs, den es in immer wachsenderem Maße bethätigen konnte, weil es im Centrum der Landhalbkugel sich bestndet, und endlich in den neuesten Zeitläuften den kolossalen industriellen Aufschwung. Für die erste Periode blieb eigentlich die Thatsache der ungemein günstigen Küstenentwickelung, wo schon auf 6 Qm. 1 Meile Küsten- länge gerechnet werden muß und wo kein Punkt des Landes weiter als einen Äquatorgrad vom Meere entsernt liegt, im wesentlichen ungenützt. Das Land selbst und seine Bodenbeschaffenheit standen im Vordergrunde der wirtschaftlichen und merkantilen Verwertung, und wir werden daraufhin die beiden großen Inseln Großbritannien und Irland uns etwas genauer anzusehen haben. Als besonders markante Erdstellen des zu betrachtenden Landes sind^zunächst hervorzuheben die Südküste Englands am Kanal sowie die Südwestküste Irlands und andererseits die nordwestlichen basaltischen Eruptivgesteine. Die Kanalküste hat durch die Einwirkung des Golf- stromes in Devonshire und an den kreidigen Abhängen der South Hannckc, Erdkundl, Aufsätze. Ii. 1

8. Band 1 - S. 1

1900 - Glogau : Flemming
A si e n msien steht aus einmal im Mittelpunkte der politischen Interessen für die civilisierten Nationen Europas. Lange Zeit hatte die Jungfrau Europa dem hinterwärts gelegenen Asien den Rücken zu- gedreht, und ihre ganze Aufmerksamkeit war auf den westwärts flu- tenden Oceau und aus die amerikanische Hemisphäre gerichtet gewesen. Jetzt ist plötzlich ein bedeutsamer Wandel eingetreten, und die alte Erdfeste heischt gebieterisch das ihm lange vorenthaltene politische Interesse wie ein Kapital mitsamt den aufgespeicherten Zinsen zurück. Wie konnten wir Europäer Asien gegenüber auch nur so un- dankbar sein. Asien ist ja in der That Europas Mutterland. Schon in geographisch-physikalischer Hinsicht erscheint Europa als ein halbinselartiger Annex an das kompakte Erdganze des asia- tischen Kontinents, als ein unselbständigeres, nicht recht abgegrenztes Gebilde dem gewaltigen Länderleib Asia gegenüber. •—- Die Men- schen, die Bewohner Europas, also die Jndogermanen, die Semiten und die Vertreter der mongolischen Rasse, Türken, Magyaren, Fin- nen re. sind aus Asien nach Europa eingewandert und haben in Märchen, Sagen oder bei den jüngsten Ankömmlingen in geschicht- lichen Erinnerungen Andenken an die asiatische Urheimat mit- gebracht. — Und nun die kulturellen Einflüsse, die Europa so ganz abhängig von dem mütterlichen Asien erscheinen lassen! Alles Gute und alles Schlimme der Erde, hat man gesagt, ist hier entstanden. Unsere Getreidearten, unser Wein, die Kirsche, die Gewürze haben in Asien ihren Ursprung, die monotheistischen Religionen des Christen- tums, Judentums und Islams sind in Asien zuerst der gläubigen Menschheit offenbart worden, und als die Völkerstämme aufhörten von dem gewaltigen Kontinent herab über Europa hinzubrausen, drangen als unheimliche Erbschaft von dem Mutterleibe Asiens her die Miasmen und Kontagien der verschiedenen Pestseuchen in die Verkehrsadern der europäischen Länder. Und schließlich kann Asien auch darum den Löwenanteil des Interesses beanspruchen, weil es die Hälfte aller Erdbewohner beher- bergt. Schon Napoleon mit seinem weltumspannenden Ehrgeiz Hanncke, Erdlundl. Aufsätze. i

9. Band 1 - S. 24

1900 - Glogau : Flemming
24 Jahrhunderten 40 Millionen Menschen Afrika entzogen seien, und staunt über die trotzdem schier unerschöpfliche Menschensülle (man schätzt die Einwohnerzahl Afrikas auf etwa 170 Millionen). Das Los der amerikanischen Neger war ja traurig genug — man er- innere sich der Schilderungen aus Onkel Toms Hütte —, aber scheußlicher noch waren die Sklavenjagden hier in Ostafrika. Wenn die arabischen Händler ihren nichtswürdigen Einkauf oder Raub ge- macht hatten, so trieben sie die Neger in den Dschebas erbarmungs- los zur Küste, und dann ging es an die Verpackung in den Dhaus, aus denen endlich die zu Totengerippen abgemagerten Überlebenden — und waren es auch nur fünfzig Prozent — an der asiatischen Küste herauskletterten, um auf die Sklavenmärkte gebracht zu werden. Die Besitzergreifung des Landes durch Deutschland hat diesen ent- würdigenden Jagden ein Ende gemacht, und der ostafrikanische Abd- elkader, der Araber Buschiri, hat seinen Aufruhr und Widerstand gegen die deutsche Humanität mit dem Tode am Galgen büßen müssen. Statt des Ebenholzes wird jetzt Elfenbein zur Küste ge- bracht, das von hier aus im stärksten Prozentsatz als Ausfuhrware in den Handel kommt, und charakteristisch wie die langen Kamel- reihen in der nordafrikanischen Wüste und die Ochsenwagen in Süd- afrika erscheinen hier als einzig mögliche Art des Transportes die mit ihren Lasten bepackten, einzeln hintereinander in den schmalen Steppenpfaden einherschreitenden schwarzen Träger. Es ist eben die einzig mögliche Art der Fortschaffung der Lasten, denn die Haus- tiere Europas oder Nordafrikas können entweder das heiße Klima nicht vertragen oder fallen als Opfer der hier einheimischen giftigen Tsetsefliege. Zwischen Tanganyka- und Nyassasee, wo die Eingeborenen eine Art Mückenkuchen wie unseren Kaviar verzehren, verläßt die Bahn deutsches Gebiet und bleibt nun, ebenso wie nordwärts bis an den Äquator der Einfluß Englands reichte, ausschließlich auf englischem Territorium. Es ist das eine stolze Genugthuung für den energischen Kolonisationsgeist des angelsächsischen Volkstums, in so breiter Lagerung von Nord nach Süd durch einen gewaltigen Erdteil hin den Einfluß seines Namens und seiner Flagge gewahrt zu wissen und sich nur für eine kurze Strecke genötigt zu sehen, mit den Dutchmen sich zu vereinbaren. Es war ja in den letzten Jahr- zehnten auch keine allzuschwere Ausgabe, sich hier größere Territorien zu erwerben, und unter etwas veränderten Verhältnissen schienen die mittelalterlichen Zustände der fränkisch-byzantinischen Zeit des Archipelagus ausgelebt zu sein, wo mühelos die occidentalischen Grafen und Barone im Kreuzzugszeitalter sich Herzogtümer und Königreiche erwarben und Dynastieen begründeten. — Die Bahn läuft also jetzt in den Steppen und Waldungen des neu erworbenen und

10. Teil 3 = Mittelstufe, 2. Stück - S. 41

1901 - Glogau : Flemming
41 c) Die Vereinigten Staaten mm Amerika. Zu ihnen gehört, von dem Hauptlande durch Britisch-Kolumbien getrennt, das aus- gedehnte, außerhalb der Getreidegrenze liegende, volkarme „Territo- rium Alaska"z 1867 durch Kauf von Rußland erworben. Das Hauptland (s. 32, Ende) ist das Mittelstück des nord- amerikanischen Festlandes. Den Grundstock des riesigen Staaten- bundes bildeten die britischen Kolonieen östlich vom Hudson, die (seit 1643) Neu-England hießen. Es waren im wesentlichen die Ge- biete zwischen den Alleghanies und der atlantischen Küste, die sich 1776 (j. S. 39) von der englischen Bedrückung frei machten, 1787 die gemeinsaure Verfassung vereinbarten (mit einem auf 4 Jahre gewählten Präsidenten an der Spitze und dem aus Senat und Repräsentantenhaus gebildeten Kongreß) und bald daraus die zu Ehren ihres Führers und ersten Präsidenten benannte Bundeshaupt- stadt Washington gründeten. Als 1824 die stolze Lehre verkündet wurde: „Amerika für die Amerikaner", hatte sich der Staatenbund schon bis an den Mississippi ausgedehnt, und 1848 traten nach einem erfolgreichen Kriege gegen Mexiko pazifische Küstenländer hinzu, wie schon kurz vorher mehrere Gebiete rechts vom Mississippi. 2 Die dazwischen liegenden Landschaften konnten sich nach und nach auch als Staaten anschließen, so daß die Union gegenwärtig 45 Staaten^ und 5 Territorien (darunter Alaska) nebst dem Bundesbezirk der Hauptstadt (und dem National-Park, s. S. 33) umfaßt. Die Lv-Hälste der ^-Grenze wird (seit 1846) vom 49. Parallel (dem von Karls- ruhe) gebildet; die 8-Grenze gegen Mexiko ist z. T. auch künstlich aus geraden Linien hergestellt, und ähnlich grenzen sich viele Staaten mit Gradnetzlinien gegen einander aba Seit 1898 hat sich die Union nicht mehr aus Amerika beschränkt, ist vielmehr mit Erwerbung auswärtigen Besitzes (s. S. 27/28, U. 89, 101) zur Weltpolitik über- gegangen. Landesnatur und Lebensanforderungen haben dem Volkstum ein eigenes Gepräge ausgedrückt: Unternehmungslust, Thatkraft, rast- loses Arbeiten für praktische Zwecke ^ zeichnen den Amerikaner aus; fiir Gemütsleben und künstlerische Thätigkeit jedoch ist wenig Zeit, 1 * 3 4 1 Doppelt so groß als Österreich-Unganr, aber nur 32000 Einw. (s/4 davon Eingeborene) ! Ein „Territorium" ist ein Gebiet, das seiner geringen Volkszahl wegen noch nicht als „Staat" anerkannt werden kann; sein Abgeordneter hat kein Stimmrecht. - Über den Bürgerkrieg (1861—64) vgl. S- 39, Anmerk. 1. 3 Durch die Zahl der Sterne im „Sternenbanner" angedeutet. 4 Nach den Meridianen 240, 255, 270, 285° ö. L. v. Gr. werden 4 Normal- zeiten unterschieden (vgl. U. 57). " Die große Mehrzahl tritt früh aus der Schule ins Erwerbsleben über. Trotz großer Aufwendungen für Unterrichtszwecke kann indes 1jb der Bevölkerung weder- lesen noch schreiben.
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